Rehfelder Lyrik
Wolf-Peter Schmuths schreibt seine Gedanken nieder
Zum Zeitgeist
Schalte dich auf multifunktional
sei deiner Zeit voraus
Hast sogar Einstein widerlegt
Bist schneller als das Licht
Alles dein Wille
Probiere neue Geisterwaffen
sei deiner Zeit voraus
Ein neuer Feind wird kommen
trägt vielleicht sein altes Gesicht
Alles dein Wille
Globalisiere die Macht
bist du der neuen Zeit schuldig
Bestimme allen Menschen dein Glück
auf ihren krummen Rücken
Alles dein Wille
Kreisende Träume werden sich verklumpen
zu blauer, stöhnender Erde
Eine einzige Chance fliegt
durch die uralte Zeit
Ohne deinen Willen
Zum Benefizkonzert am 3. Advent in der Kirche Werder
Mit dem Wind kam das Leid
Als feiner Staubschleier
Keine Uhr zeigt dir diese Halbwertzeit
Gomel, deine ewige Flamme
Brennt für eine neue Grausamkeit
Die Frucht dieser Erde
darfst du nicht essen
Hunderte Kilometer weit.
Widerstehen mußt du deinem Hunger
Dem Apfel im glänzend rotem Kleid
Mit dem Wind kam das Leid
Als Altäre fressender Strahl
Die Qual der Unschuldigen Erben
Eingraviert in Mütteraugen
Die ihre Kinder vor dir verbergen
Die Schlagzeilen sind lange vergilbt
Die schrecklichsten Bilder ausgeblendet
Es kommen Neue dazu, viel zu viele
Mit dem Wind kam das Leid
Wir haben euch nicht vergessen, Opfer von Tschernobyl
Dezember 2015
Zum Lyrikabend mit Gisela Steineckert und Jürgen Walter
Begegnung
Das Feuerrad der offenen Fragen
Die sprühenden Funken foltern
Gewissen Wissen Unwissen
In der Abendsonne
Die gedankenlose Zeit zwischen den Mahlzeiten
Zerstört durch diese Frau
Wissen Unwissen Gewissen
Von dieser Bühne
Aus den Schubladen der Erinnerung
Bis sie blaß wurden
Unwissen Gewissen Wissen
Die Gesichter im Saal
Das Feuerrad der offenen Fragen
Die sprühenden Funken foltern
Den Kalk von den Zellen
In der schlaflosen Nacht
Zu Flüchtlingen aus dem Kosovo
Uns trennten nur wenige Schritte
als ich ihn das letzte Mal sah.
Er trug einen kleinen Koffer.
Juri aus Srebrenica.
lch wollte es vorher nie wissen
das Land war mir viel zu weit
doch abends dann im Fernsehen
da wusste ich Bescheid.
lch sah die vielen Häuser
die brannten lichterloh
und tausende Menschen flohen
aus ihrer Heimat Kosovo.
Seit einigen Monaten wohnten
sie gleich bei uns nebenan.
Juri und andere Kinder
Frauen und ein alter Mann.
Oft ging ich mit Juri spazieren
fest drückte er meine Hand
viele Leute schauten böse
auf das Kind aus dem fremden Land.
Auch wenn ich die Sprache nicht kenne
ich las in seinem Gesicht
die Träume, die er nachts träumte
und was sein Herz zerbricht.
Man sagt, es sei dort jetzt Frieden
und Juri, er müsse verstehen,
dass er nur zu Gast war in Deutschland
er soll zurück in die Heimat gehen.