Eindrücke einer Reise in ein gespaltenes Land

Israel mit eignen/anderen Augen

 

Nach einer Bildungsreise im September 2012 bin ich im März 2014 bereits zum zweiten Mal in Israel und den palästinensischen Autonomiegebieten gewesen. Beeindruckt durch Land und Leute haben mich beide Reisen sehr fasziniert. Während meiner ersten Reise war die Gedenkstätte der im zweiten Weltkrieg ermordeten Juden und Minderheiten „Yad Vashem“ ein ganz besonderes Ereignis. Mit der eigenen Geschichte konfrontiert zu sein, machte mich sehr nachdenklich.

 

Ausgangspunkt beider Rundreisen ist jeweils Jerusalem gewesen, wo wir die meiste Zeit verbrachten. Das Wissen, in Jerusalem in einer Stadt zu sein, in der die drei Weltreligionen zusammentreffen, ist etwas Besonderes. Während der Reise im März 2014 stand der Konflikt zwischen den Israelis und den Palästinensern im Vordergrund. So hatten wir - eine Gruppe der Jusos aus Brandenburg und Sachsen - die Möglichkeit, mit vielen Menschen vor Ort über ihre Sorgen und Probleme zu sprechen. Bemerkenswert ist dabei die große Gastfreundlichkeit, die uns alle besuchten Menschen entgegengebracht haben. Der Konflikt zwischen beiden Bevölkerungsgruppen wird über das Land verteilt unterschiedlich gelebt, betrachtet und auch bewertet.

Jerusalem_Felsendom

Der Felsendom auf dem Tempelberg als Zentrum der Altstadt von Jerusalem

 

Jerusalem Nacht

 Jerusalem bei Nacht - Ein Blick auf die Altstadt 

 

Während in Jerusalem ein friedliches Zusammenleben erlebbar ist, ist die Situation in Hebron deutlich angespannter. Hebron ist eine sehr schöne Stadt, die direkt in der Mitte durch eine Straße jüdischer Siedler geteilt ist. Israelische Siedler bewohnen alte Gebäude der ehemaligen Ladenstraße von Hebron, in denen einst Palästinenser lebten, aber verdrängt wurden. Nun ist das Betreten dieser Ladenstraße für Palästinenser streng verboten. Sie haben parallel eine neue Marktstraße begründet, in der aber nur wenige Händler ihre Waren anbieten. Die meisten von ihnen haben Hebron verlassen.

 

In den vielen Gesprächen mit israelischen und palästinensischen Politikern wurde immer wieder deutlich, was getan werden müsste, um eine Zwei-Staatenlösung zu ermöglichen. Die Positionen sind nicht weit voneinander entfernt, es gibt aber eine Handvoll gewichtiger Argumente, an denen beide Seiten nicht rütteln wollen. Die Gegensätze in Religion und Kultur sind zum Teil zu groß, um gemeinsam in einem Staat leben zu können. Der Gedanke an Unabhängigkeit und Frieden eint aber beide Völker im Glauben an eine Lösung im Nahost-Konflikt.

 

Lange in Erinnerung werden mir die Gespräche mit den Einheimischen zu beiden Seiten bleiben. Sie sprachen offen über ihre Erfahrungen, dem Umgang miteinander und ihre Vorstellungen und Wünsche für die Zukunft. In einem kleinen israelischen Grenzdorf nahe dem Gaza-Streifen haben wir mit einer älteren Frau gesprochen. Sie weiß was ständiger Bombenalarm bedeutet. Jede Bushaltestelle in ihrem Ort und selbst Spielplätze haben kleine Bunkeranlagen. Die Frau berichtete, es bestehe jederzeit die Gefahr eines Alarms. Dann haben sie 15 Sekunden Zeit, eine schützende Sicherungsanlage aufzusuchen. Es heißt Abwarten und auf Entwarnung warten. Meist erfolgen die Angriffe mit selbstgebauten Raketensprengköpfen aus dem Gaza-Streifen. Sie sollen Angst und Schrecken verbreiten. Damit zu leben kann nicht einfach sein, den Menschen entlang der Mauer bleibt aber nichts anderes übrig.

 

Nach diesem Gespräch sind wir auf einen Hügel gelaufen und haben von dort einen direkten Blick in den Gaza-Streifen genommen. Das Gebiet, so groß wie Bremen, ist rundum durch eine Mauer begrenzt. Im Mittelmeer äußert sie sich in Form einer Seeblockade. Kein Palästinenser kommt raus und nur wenige Menschen bekommen Zutritt in dieses hochgesicherte Gebiet. Für mich war diese Begegnung sehr ergreifend. Aufgrund meines Alters konnte ich die DDR nicht mehr bewusst miterleben und kann es dadurch nicht beurteilen, wie es ist, entlang einer Mauer zu leben. Auf dieser Reise wurde deutlich was es bedeutet, eingesperrt zu sein und sich nicht frei bewegen zu können.

 

Israel_Mauer

Grenzgebiet mit Mauer und Sperrlinie 

 

Vielfach thematisiert wurde die Problematik um die Wasserverteilung zwischen den israelischen und palästinensischen Gebieten. Die größten Brunnen und Wasseraufbereitungsanlagen liegen auf israelischem Hoheitsgebiet. Somit kontrolliert Israel die Wasserverteilung und -versorgung.

 

Ein Kontrastpunkt der Reise war Tel Aviv. Weltoffener, dynamischer und toleranter als diese Stadt kann nur Berlin sein. Unterschiede zwischen den Menschen spielen dort eine untergeordnete Rolle und das Miteinander der Bewohner ist ein sehr leichtes und herzliches. Niemand muss sich für seinen Glauben oder seine Meinung verstecken.

 

Diese Reise hat mich sehr fasziniert. In Deutschland gibt es keine Mauer mehr, in Israel schon. Beeindruckend sind die vielen bemalten Abschnitte der Mauer, auf denen Friedenssymbole abgebildet sind. Die Menschen äußern dort ihre Hoffnungen und Wünsche. Auf beiden Seiten träumen die Menschen von Freiheit und einem friedlichen Miteinander in zwei Staaten. Jeder Mensch sollte seine Religion frei ausüben können und seine Meinung frei äußern dürfen, ohne Angst vor Konsequenzen haben zu müssen - für uns in Deutschland etwas ganz Normales.